Auch wenn man inzwischen daran gewöhnt ist, jeden Schritt in Kappadokien in einem anderen faszinierenden Anblick zu erleben, so ist es unmöglich, in Anbetracht einer unterirdischen Stadt nicht noch ein weiteres Mal und noch heftiger zu staunen.
Die Entstehung dieser unterirdischen Städte, in denen sich die einheimische Bevölkerung bei Überfällen verstecken konnte, ist letztendlich leicht auszugrabenden Boden zu verdanken.
Zu den interessantesten und kulturell reichsten Teilen Kappadokiens zählen die 150 bis 200 unterschiedlich großen unterirdischen Siedlungen. In Kappadokien mit seiner Fläche von 25.000 km2 liegen so gut wie alle heutigen Siedlungen über mehr oder weniger ausgehöhltem Grund oder inmitten von Felsenhöhlen. Die Zahl der unterirdischen Siedlungen könnte also noch steigen. Die unterirdischen Siedlungen sind Stockwerk für Stockwerk nach unten erweitert worden. Über die Art der Werkzeuge, die dafür benutzt wurden, oder über andere technische Hilfsmittel lassen sich nur Vermutungen anstellen. Einige der unterirdischen Städte konnten bis zu 30.000 Menschen aufnehmen, eine für frühere Zeiten sehr hohe Zahl. Man kann diese großen Siedlungen also ruhigen Gewissens als Stadt bezeichnen. Kappadokien wurde in alten Zeiten überdurchschnittlich oft von feindlichen und eroberungswütigen Heeren und Horden heimgesucht. Die Bewohner haben deshalb unter ihren Häusern Schutz- und Vorratsräume für sich und ihren Viehbestand angelegt, die sie zum Teil noch heute zwar nicht mehr als Verstecke, aber als Lager- und Vorratsräume benutzen. Der Zugang zu diesen unterirdischen Räumen liegt meistens im Innenhof des Hauses. Der Bedarf an Verstecken wurde im Laufe der Jahrhunderte immer stärker. Deshalb wurden die unterirdischen Anlagen sowohl vertikal als auch horizontal immer größer, tiefer und komplexer.
Es ist bekannt, dass die unterirdischen Städte nicht auf einmal gebaut wurden, sondern dass sie nach Bedarf durch Erweiterung vergrösstert wurden.
Wann genau diese Städte errichtet wurden, kann hingegen nicht ganz bestimmt werden. Die älteste Quelle, in den von unterirdischen Städten berichtet wird, ist das Buch "Anabasis" des Xenophon.
Auch in der Zeit der Seldschuken und Osmanen wurden diese unterirdischen Städte genutzt!
Kaymakli
Die oberste Etage von Kaymakli wurde als Stallung benutzt. Sie ist allerdings nicht sehr geräumig. Man vermutet, dass in den zurzeit noch nicht freigelegten Etagen weitere Tierställe zum Vorschein kommen. An der linken Seite des Stalles geht man durch eine Öffnung, die mit einer Steintür verschlossen werden kann, durch einen Korridor in eine Kirche hinein. An der rechten Seite des Korridors liegen mehrere Räume für das tägliche Leben. Der in der zweiten Etage befindliche Kirchenraum hat zwei Apsiden, vor denen ein Taufbecken steht, an dessen Seiten man sitzen kann. Die Gräber in dieser Etage liegen direkt neben der Kirche und lassen vermuten, dass es sich um geistliche Persönlichkeiten handelte, die hier zur letzten Ruhe gebettet wurden. Die bisher wichtigste Etage ist die dritte. Hier befanden sich die Küchenvorräte, Saftpressen und Weinkelter. Ein Andresit-Stein mit vielen Vertiefungen fällt auf. Untersuchungen ergaben, dass auf ihm Kupfererz zerkleinert wurde. Dieser Stein wurde nicht von draußen eingebracht, sondern stammt aus der unter der Tuffsteinschicht befindlichen Andresit-Schicht, die beim Aushöhlen der Räume an die Oberfläche kam. Der Stein hat 57 Vertiefungen, in die etwa 10 cm große Kupfererzstückchen gelegt, zerkleinert und zum Schmelzen vorbereitet werden konnten. Diese Technik wurde schon in vorgeschichtlicher Zeit angewandt. Das in Kaymakli zerkleinerte Kupfererz stammt wahrscheinlich aus der Kupfermine zwischen Aksaray und Nevsehir, die bereits von den ältesten bekannten Bewohnern Kappadokiens, den Leuten von Aflikli-Tumulus, ausgebeutet wurde. In der vierten Etage befinden sich wiederum Saftpresse und Weinkelter, Lebensmitteldepots und feste Standorte für die großen Vorratskrüge. Das beweist, dass die hier lebenden Menschen ein festes soziales und ökonomisches Gefüge hatten. Obwohl erst vier Etagen von Kaymakli freigelegt werden konnten, steht jetzt schon fest, dass es sich hierbei um eine der größten unterirdischen Siedlungen von Kappadokien handelt, wenn nicht um die größte überhaupt, wie sich aus der bisher gefundenen Anzahl der Küchen und Vorratsräume schließen lässt.
Derinkuyu
Die Siedlung liegt 29 km von Nevsehir entfernt an der Autostraße von Nevsehir nach Nigde, reicht etwa 85 m tief in die Erde und weist alle Einrichtungen eines unterirdischen Gemeinwesens auf (Ställe, Vorratsräume, Esssaal, Kirche, Saftpressen usw.). In der zweiten Etage befand sich eine Missionarsschule. Der große Schulraum ist ein in unterirdischen Städten selten anzutreffendes Gewölbe. An den Zimmern rechts liegen Studier- und Arbeitszellen. Nach der dritten und vierten Etage führt eine Treppe direkt in die sechste Etage zu einer Kirche mit kreuzförmigem Grundriss. Ein in 55 m Tiefe befindliches Belüftungsrohr, dass auch zur Wasserversorgung gebraucht wurde, führt an die Erdoberfläche. Von den Wasserleitungen konnte nicht jede Etage profitieren. Einige Wasserrohre hatten keine Öffnung an der Erdoberfläche, weil immer die Gefahr einer Wasservergiftung bestand. Obwohl Derinkuyu seit 1965 zur Besichtigung freigegeben ist, konnten bis heute erst etwa 10% der Stadtanlage freigelegt werden.
Mazi
Mazi (Mataza) liegt 18 km südlich von Ürgüp und 10 km östlich von Kaymakli. In den Steilhängen über der unterirdischen Stadt sind Grabkammern aus der frühen römischen Zeit eingehauen, auf dem Plateau darüber liegt ein Gräberfeld aus der byzantinischen Zeit. Die Stadt ist in die Hänge des steilen Felsens westlich des Dorfes eingehöhlt. Sie hat vier Eingänge. Der Haupteingang ist ein aus Bruchsteinen gebauter, nicht sehr langer Korridor. Gegenüber dem Eingang liegt ein Raum mit vier Säulen. Die folgenden Stallungen sind im Gegensatz zu denen in den anderen Städten sehr weiträumig. In einem Stall ist in der Mitte eine Vertiefung für das Trinkwasser der Tiere ausgehöhlt, eine Besonderheit von Mazi. Die Größe und Vielzahl der Ställe spricht von dem Wohlstand der Bewohner. Zwischen den Ställen befindet sich ein Raum mit einer Einrichtung zum Saftpressen. In einer Ecke sieht man einen aus Bruchstein gebauten Kamin, durch den Trauben von den kappadokischen Weinbergen ins Innere der Stadt befördert wurden. Nach den Stallungen geht man durch einen kurzen Korridor in die Kirche, die mit einer Steintür verschlossen werden konnte. Die Apsis ist im Gegensatz zu den Apsiden in anderen unterirdischen Städten in eine Ecke an der Längsseite des Kirchenraumes eingehauen. Die Vorderseite ist mit Reliefs verziert. Özkonak
Die 14 km von Avanos entfernte Siedlung unterscheidet sich von anderen unterirdischen Städten durch ein Belüftungs- und Kommunikationssystem in Form von Löchern mit einem Durchmesser von 5 cm, die einander gegenüberliegend in Decken und Fußböden gebohrt sind. In dem Korridor, der mit einer Steintür verschlossen werden konnte, sind zudem Löcher in der Decke, durch die eventuelle Angreifer mit siedendem Öl übergossen werden konnten. Die sich an den Nordabhängen des Berges Idis hinziehenden Wohnhöhlen und Galerien nehmen eine große Fläche ein und sind durch Tunnel miteinander verbunden. Wie auch in den anderen unterirdischen Städten gibt es in Özkonak eine Zisterne, Saftpressen, Steintüren und ein Belüftungssystem.
Tatlarin
Die Stadt liegt in einem "Kale" genannten Hügel 10 km von Acigöl entfernt im Kreis Nevsehir. Sie wurde 1975 entdeckt und kann seit 1991 besichtigt werden. In Tatlarin gibt es außer den üblichen Räumen sehr viele Kirchen. Die meisten sind jedoch im Laufe der Zeit eingestürzt, ebenso der Haupteingang. Man betritt die Stadt an der Westseite über zwei andere Räume. Tatlarin hat eine große Ausdehnung, aber erst zwei Etagen sind zu besichtigen. Durch die Größe der Räume sowie Vielzahl der Kirchen und Vorratslager unterscheidet sich Tatlarin wesentlich von den anderen unterirdischen Siedlungen. Sie lassen auf eine Klosteranlage oder Garnison schließen. Vom Eingang führt ein 15 m langer, gewundener Tunnel in einen quadratischen Raum. Dieser kann mit einer Steintür, die in der Mitte eine Öffnung hat, verschlossen werden. An der rechten Seite des Raumes ist eine Schrägung ausgehöhlt, in der drei Skelette gefunden wurden. Dieser Raum wird von den Einheimischen "Zindan" (Kerker) genannt. Hier befinden sich auch die Toiletten. Rechts des Raumes liegen Vorratslager und Küche aus der byzantinischen Zeit; in der römischen Zeit lagen hier Gräber, wie die Nischen beweisen, die genau jenen in den römischen Felsengräbern gleichen. In der byzantinischen Zeit bewahrte man in diesen Nischen Lebensmittelvorräte auf. Der zweite Eingang ist über die Stallung möglich. Dieser Raum war davor ein Lebensmitteldepot, daran besteht kein Zweifel. Er ist sehr groß und wird von Säulen gestützt. Im Boden befinden sich fünf Aushöhlungen für Vorräte. An der Decke und im Fußboden sind Kommunikationslöcher. Beide Räume sind durch einen Korridor miteinander verbunden, der im Zickzack verläuft, Falllöcher hat und mit einer Steintür verschlossen werden kann. Özlüce
Diese Stadt die sich im Zentrum des Dorfes Özlüce mit dem alten Namen Zile befindet, liegt an der Nevsehir-Derinkuyu Landstraße, 6 km im Westen von Kaymakli. Im Eingang befinden sich zwei ineinander gehende Räume aus Basalt. Danach erreicht man den eigentlichen Tuff-Felsen durch einen 15 m langen Gang. Die steinernen Räume, die als Eingang zu der eigentlichen unterirdischen Stadt dienen, sind jünger als die Felsräume. Am Ende dieses Korridors befindet sich ein 1,75 m großer Riegelstein aus Granit. Der Hauptraum im Eingang ist der größte Raum der Stadt und besteht aus zwei Teilen. Rechts neben dem grossen Raum, gibt es Getreidedepots, links davon Wohnräume. An den Seiten der sehr langen Galerien gehen zellenartige Räume ab.
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